Wir alle kennen die Situation: 4 Folgen à 40 Minuten sind um einiges schmackhafter als ein Film à 90 Minuten. Serien und Serials haben uns für kürzere Inhalte sensibilisiert – und sogar ein wenig süchtig gemacht.
Serials und Serien – was war das nochmal?
Serien und Serials erzählen eine übergeordnete Geschichte in einzelnen Episoden oder Folgen. Meist gibt es eine über-übergeordnete Geschichte, damit mehrere Staffeln geschrieben werden können. Das ist eine ziemlich abgespeckte Version einer übersichtlichen Erklärung von Serials.
“Geschrieben”? Ja, serialisierte Fiktion kann auch in geschriebener Form erscheinen. Die bekannteste Form finden wir natürlich auf allen Streaming-Diensten. Interessanterweise ist die Form nicht wirklich relevant, denn egal, ob Podcast, Fernsehshow oder Buchreihe, die Vor- und Nachteile bleiben dieselben.
Und wer sich jetzt fragt: Ja, auch bei geschriebenen Inhalten sind wir eher von einer 20-Minuten-Lesesession angetan, wenn unser Kopf von einem langen Tag einfach voll ist. Eine mehr oder weniger in sich abgeschlossene Geschichte verlangt uns weniger ab als Kapitel 12 des momentanen Fantasyromans. Natürlich ist das eine subjektive Ansicht und schlussendlich sollten wir alle lesen, was und wann es uns gefällt.
Wie Serien uns süchtig machen
Serien machen süchtig. Das wissen wir alle. Binge-watching, also das Schauen aller Folgen einer Serie oder einer Staffel in einer Sitzung, hat es sogar zum etablierten Begriff geschafft.
Diese Sucht ist unter anderem der Grund, dass auf Streaming-Diensten die Serien den Filmen den Rang ablaufen – in den Produktionen und auch in den Publikumszahlen. Bei den geschriebenen Serials kann dieser Trend nicht verfolgt werden.
Geschriebene Serials sind im englischsprachigen Raum mehr vertreten. Und das Potential zeigt sich auch in Amazons Kindle Vella Programm. Bei diesem Programm können in den USA wohnende Autorinnen und Autoren ihre Serials in diesen genau auf Serials spezialisierten Shop anbieten.
Vella wurde vor einigen Jahren gestartet und mittlerweile wurde es ziemlich still um das Programm. Ob das am Angebot, der Nachfrage oder Amazon selbst liegt, kann man natürlich nicht sagen, aber es sagt uns, dass ein Gigant wie Amazon aufmerksam wurde – es scheint also doch einen Markt zu geben.
Im deutschsprachigen Raum findet man Serials vor allem in Form von Büchern als Episoden. Kürzere Texte als Episoden sind eher selten. Meiner Meinung nach wird auch dieses Medium mehr und mehr aufkommen, wie es auch in der Fernsehbranche der Fall war.
Entschuldige, ich bin vom Thema abgekommen. Zurück zum süchtig machenden Charakter von Serials.
Die menschliche Neugierde
Wir sind neugierige Wesen. Wir wissen gerne, was um uns herum passiert. Schon mal dabei erwischt, in einem Restaurant das Gespräch am Nachbartisch zu lauschen? Genau das meine ich.
Serienmacher, egal in welcher Form, kennen unsere Neugierde und nutzen diese schamlos aus. Seien wir aber ehrlich, Content Creator nutzen das alle aus. Serien sind gefüllt mit Details und Hinweise, die das Nachdenken und Überanalysieren beim Publikum auslösen. Sobald das Publikum einen Podcast oder eine Serie pausieren oder einen Text weglegen muss, um über eine Szene oder eine Nuance nachzudenken, wurde die Neugierde erfolgreich geweckt.
Das Belohnungssystem im Gehirn
Unser Gehirn reagiert auf unsere Umwelt. Setzen wir dem Matschhaufen eine Serie vor, dann reagiert er auf verschiedene Elemente in dieser Bild- und Tonfolge und daraus entsteht eine emotionale Komponente für uns.
Emotionen sind spannend. Emotionen lassen uns nach einem langen Tag gut einschlafen – sie können uns aber auch wachhalten. Kein Wunder also, dass Serien sich ganz schön Mühe geben, emotionale Verbindungen zwischen dem Publikum und den Charakteren zu erstellen.
McDreamy ist aber nicht der einzige emotionale Aspekt von Serials. Ganz wichtig ist auch die vorgestellte Welt und die allgemeine Stimmung, diese beiden Faktoren bringen zusätzliche Verknüpfungen in die Bereiche unseres Hirn, die für Erinnerungen und Entscheidungen zuständig sind.
Charaktere zum Verlieben oder zum Erschiessen
Ich habe es schon angesprochen und jetzt schauen wir uns die Thematik etwas genauer an: Die emotionale Verbindung zwischen dem Publikum und den Charakteren.
In jeder Serie haben wir Lieblinge und verhasste Figuren. Ich kann es auch umformulieren: Habe ich in einer Serie Lieblinge und verhasste Figuren, dann ist es vermutlich eine Serie, die mir gefällt.
Wir wollen emotional angesprochen werden und das geht am besten mit Charakteren, mit denen wir mitfühlen können. Ob das Menschen, Humanoiden oder etwas ganz anderes sind, ist uns absolut egal.
Die Bedeutung von Charakterentwicklung
Charakterentwicklung trägt zur Immersion bei. Liest du ein Buch, schaust dir eine Serie an, dann fühlst du dich mehr in die Welt hineinversetzt, wenn du mit einem Charakter mitfieberst und dich vielleicht sogar mit diesem Charakter identifizierst.
Auch wenn die Welt und die Regeln anders sind als bei uns, so erkennen wir fiktive Muster und Gefühle, genau wie diese bei uns selbst oder unserer Umwelt erkennen. Wir können emotional berührt werden, auch wenn nichts haptisches da ist.
Klassiker der Charakterentwicklung finden sich in der Harry Potter Reihe oder in den Hungergames-Büchern. In beiden Fällen entwickelt sich ein schüchterner, etwas unsicherer Charakter zu einem Symbol von Mut und Tapferkeit. Für uns ist diese Reihe ein Magnet, denn wir wollen miterleben, wie das graue Entchen zum Schwan wird. Nicht falsch verstehen, es gibt auch Charakterentwicklungen, bei denen der Schwan böse und “hässlich” ist, aber auch in diesen Fällen spüren wir die Bindung. Egal ob negativ oder positiv.
Wieso wir uns in Charakteren wiederfinden wollen
In Serials, egal in welchem Format, zeigen uns fantastische Welten und erzählen uns Geschichten in eben genau diesen. Die Welten sind meist nicht leer und deshalb erzählen die Geschichten von Charakteren. In “guten” Werken sind diese Figuren tiefgründig, haben Motivationen und Ziele und sind auch bereit, einiges dafür zu geben. Klingt ein wenig wie bei uns…
Bleiben wir realistisch: Der durchschnittliche Charakter in einer Fantasyerzählung durchlebt bei weitem mehr als wir Durchschnittsmenschen. Sollte das besorgniserregend sein? Keinesfalls, denn diese Charaktere und die Welt werden so geschrieben, dass sie eine spannende, facettenreiche Geschichte ergeben.
Diese Tiefe ermöglicht es Charakteren, an unseren Emotionen anzuklopfen. Die unterschiedlichen Leiden und Erlebnisse sind in den meisten Fällen auf unsere Welt, auf sehr reale Erfahrungen und Erinnerungen anwendbar. So kommen wir gewissen Charakteren sehr nahe und identifizieren uns mit ihnen. Folgend eine absolut nicht wissenschaftliche Aussage: Die Art und Weise wie Charaktere durch gewisse Situationen gehen und mit dem Erlebten umgehen, kann uns selbst helfen, eigene Erfahrungen und Emotionen zu verarbeiten.
Stereotype und Rollenbilder in Serien
Charaktere in Serials haben eine gewaltige Macht über uns persönlich und damit auch über die Gesellschaft. Ein wichtiger Punkt, den es in Serials zu beachten gilt, sind Stereotypen und Rollenbilder.
Charaktere können Stereotypen und Rollenbilder festigen und auch brechen. Die traditionellen Wertvorstellungen dienen als Grundlage bei der Entscheidung, wie eine Figur mit dieser Fähigkeit umgeht.
Diese ganze Diskussion ist nicht Schwarz und Weiss anzusehen, denn genau die Charaktere, die der Norm nicht entsprechen wollen, landen meist einfach in einer anderen Schublade. Es gilt also, den schmalen Pfad ausserhalb der Schublade zu finden – oder auch nicht.
Schlussendlich sind die Figuren in Serials die Hirngeburten einer einzigen Person und diese Person, nennen wir sie doch einfach Autor oder Autorin, entscheidet eigenmächtig über jede einzelne Figur. Und bitte nicht falsch verstehen, Rollenbilder können auch absichtlich gewählt werden, um Ungerechtigkeiten aufzuzeigen oder einen Charakter für eine Reise vorzubereiten. Das Ziel, die Rollenbilder in den Köpfen der Leserinnen und Leser aufzubrechen, sollte bei jeder Autorin und bei jedem Autor klar erkenntlich sein.
Was man generell sagen kann, ist, dass eine Vielfalt an Charakteren einer Geschichte gut tut. Sind alle zu ähnlich, dann wirkt die Geschichte unrealistisch oder die Charaktere zu oberflächlich. Ich finde aber, dass wenn man genug Zeit mit seiner Geschichte und seiner Welt verbringt, dann werden die Figuren automatisch tiefgründiger. Diese Tiefgründigkeit ist noch kein Grund, mit dem Erforschen der Charaktere aufzuhören, aber doch ist ein gewisses Niveau erreicht.
Die Kunst des Cliffhangers
Wir hassen sie und wir lieben sie: Die Cliffhanger.
Diese unangenehm spannenden Verbindungen zur Ungewissheit haben schon manche Kaffeepausen oder Familienabende mit Gesprächsstoff versorgt. Das bedeutet aber nicht, dass sie schlicht und ergreifend als gut oder positiv dargestellt werden sollten.
Was sind Cliffhanger?
Ein Cliffhanger ist ein dramatisches Ende eines Kapitel eines Buches oder einer Folge einer Serie, bei dem ein Konflikt unaufgelöst zurückgelassen wird. Das Ziel eines Cliffhangers ist die Neugierde des Publikums zu wecken, sodass sie nicht aufhören können weiter zu schauen, weiter zu lesen oder weiter zu hören.
Bei der Frage, wieso Cliffhanger so allgemein vertreten sind in Büchern, Filmen und Audiobooks müssen wir uns nur an den bereits besprochenen Faktor Sucht zurückerinnern. Wir wollen wissen, wie es weitergeht, den eigentlich mögen wir die Ungewissheit nicht. Auf der anderen Seite lieben wir die Ungewissheit, denn sobald wir den Konflikt auflösen, werden wir von unserem Hirn belohnt und freuen uns dementsprechend.
Der Begriff “Cliffhanger” dient gleich als Beispiel: Man stelle sich eine Person vor, die an einer Klippe hängt und versucht sich hochzuziehen. Wir können nicht erkennen, ob die Person es schaffen wird oder nicht – die Credits fangen an zu rollen. Der Begriff liefert uns das klassische Beispiel, das schon in 1.000 Varianten ausgenutzt wurde.
Emotionale Reaktionen auf Cliffhanger
Cliffhanger erzeugen ein Gefühl der Ungewissheit, das unsere Emotionen und unser Denken beeinflussen kann. Der ungelöste Konflikt oder die ungewisse Zukunft der Figuren, mit denen wir uns identifizieren, erzeugt Spannung und Erwartung, die unsere Neugier und unser Interesse wecken.
Die ausgelösten Emotionen können von Frustration bis hin zur Enttäuschung reichen. Hier sind wir als Publikum den Autorinnen und Autoren völlig ausgeliefert und hoffen, dass sie uns einen guten Cliffhanger aufzwingen.
Nach dem Cliffhanger fängt dann die eigentliche Macht ihren Lauf zu nehmen, denn sobald wir einen Cliffhanger gesehen haben, fängt das Rätseln und Vermuten an. Jeder und jede kommt mit eigenen Theorien und so manch harmloser Streit entspringt aus diesen Diskussionen. Hier merken wir auch, wieso Cliffhanger so beliebt und häufig genutzt werden. Gerade in Anbetracht von Social Media kann ein guter Cliffhanger eine virale Sichtbarkeit nach sich ziehen und so unter Umständen das Publikum erhöhen.
Hass und Liebe für Cliffhanger
Weiter oben habe ich immer von den “guten” Cliffhangern gesprochen. Cliffhanger sind ein Werkzeug wie viele andere und wie bei allen Werkzeugen können sie gut oder schlecht eingesetzt werden.
Mal wieder gibt es keine klare Linie, aber häufig lässt sich doch anhand der Publikumsreaktion erkennen, ob ein Cliffhanger gut oder schlecht ausgeführt wurde. Ist das Publikum enttäuscht und fühlt sich betrogen, dann haben wir es mit einem schlechten Cliffhanger zu tun. Die Gründe können vielfältig sein:
- Der Konflikt wurde in einer ganzen Staffel oder in einem ganzen Buch aufgebaut und wird jetzt doch nicht aufgelöst. In diesem Fall wartet das Publikum verhältnismässig lange auf die Auflösung, was die Enttäuschung auslöst.
- Es ist gar nicht möglich, dass Charakter X sich in Situation Y wiederfinden kann. Hier wird das Vertrauen, dass das Publikum in die Serie hat, verloren.
Cliffhanger gehören meiner Meinung nach in irgendeiner Art und Weise in jedes Werk. Man sollte sich aber bitte einfach gut überlegen, wie er eingesetzt wird.
Diese Hass-Liebe-Thematik war ein kleiner Ausflug, der ein wenig das Risikomanagement hinter den Cliffhangern zeigen soll und gleichzeitig den Punkt unterstützt, dass wir in Werken einfach auf Cliffhanger stehen.
Den Spannungsbogen lösen und spannen
Cliffhanger und Charaktere habe ich schon angesprochen und ein wenig erklärt. Zusammenfassen kann ich diese Punkte mit dem Prinzip von Abwechslung und Spannung.
Wenn die Reisenden ihre Geschichten erzählen, dann können auch die besten Cliffhanger und Charaktere nur bedingt funktionieren, wenn nicht ein gewisser Spannungsbogen erzeugt wird. Und meist wird dieser mit Abwechslung erreicht.
Die Handlung absichtlich in Spannungstiefen schicken
Nicht jede Szene und nicht jeder Akt sollte vollgepackt mit Spannungselementen sein. Manchmal muss man das Publikum auch ein wenig atmen und das bereits Gehörte, Gelesene oder Gesehene verdauen lassen.
Die Kunst besteht natürlich darin, dass Publikum dennoch nicht zu langweilen. Manchmal können Verschnaufpausen kurze Rückblenden oder anderweitige Darstellungen von Charaktereigenschaften sein.
Ein Charakter ist unschlagbar in Spielen um Lug und Betrug? Wieso dann nicht eine Partie Poker oder Liar´s Dice (in den jeweiligen Varianten deiner Welt) erzählen? Dem Publikum wird die Pause gut tun und du kannst die Fertigkeiten einer Figur für spätere Szenen vorstellen.
Denk jetzt aber ja nicht, dass du einfach einen Abschweifer in die Vergangenheit einer Figur machen kannst, ohne dabei Hintergedanken zu haben.
Es gibt eine goldene Regel in allen Geschichten: “Jede Szene muss die Handlung vorantreiben.”
Ich sage, dass es hier einiges an Verständisspielraum gibt, denn die Handlung umfasst in diesem Fall nicht nur die Aufgabe “Wirf den Ring in den Schicksalsberg”, sondern meiner Meinung nach auch die Charakterentwicklung und die Darstellung deiner Welt. Ich bin mehr als bereit eine Geschichte zu erleben, in der die effektive Handlung nicht vorangetrieben wird oder nur am Rande und der Fokus liegt wirklich auf beispielsweise den schwebenden Walen zwischen deinen Welt-Inseln.
Bei solchen Abschnitten ist es immer am besten, wenn du sie beim Korrigieren nochmals ganz genau unter die Lupe nimmst. Passt es in die insgesamte Geschichte und langweilst du dein Publikum auch wirklich nicht, dann bist du auf dem besten Weg.
In diesem Zusammenhang kann auch eine Schreibblockade entstehen, weil du zu viel von dir verlangst: Alles soll perfekt sein. Entspann dich und löse die Schreibblockade, bevor du dir und deiner Geschichte schadest.
Höhepunkte richtig einsetzen
Vorhin bin ich auf die Spannungstiefen eingegangen und jetzt geht es um die Spannungshöhen, die Höhepunkte. Vor allem in diesen Momenten gewinnst oder verlierst du dein Publikum.
Die Klassiker für Höhepunkte sind die Wendungen – eine mehr oder weniger vorhersehbare, abrupte Änderung in der Handlung einer Geschichte.
Mit Wendungen, auch Handlungstwists genannt, bringt man eine neue Perspektive, die das Publikum überraschen soll. Hier ist es auch wieder wichtig, dass die Wendungen gut umgesetzt werden. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Geschichten für mich uninteressant oder einfach unglaubhaft wurden, nur weil eine Wendung nicht durchdacht war.
Zu den “guten” Wendungen kann man ganz sicher Harry Potter als Horkrux zählen. In dem Moment, in dem das Publikum mitbekommt, dass Harry ein Horkrux ist, stellen sich unzählige Fragen und die gesamte Handlung bekommt einen neuen Geschmack.
Als die Horkrux-Wendung öffentlich wurde, war meine Taverne gefüllt mit Besserwissern, die diese Wendung natürlich schon lange kommen sahen. Meiner Meinung nach gab es eine Handvoll Leute, die das auch tatsächlich taten.
Ich habe dir schon gesagt, dass Wendungen eine kritische Rolle in der Wahrnehmung deiner Geschichte spielen. Du kannst dir damit leicht das Vertrauen deines Publikums verspielen, wenn du nicht aufpasst.
Nehmen wir an, dass deine Welt eine simple Regel befolgt: Jeder Charakter kann sterben.
Game of Thrones hat diesen Aspekt in der Fernsehserie sehr lange strikt befolgt und wich dann Schritt für Schritt ab.
Dein Publikum baut mit der Zeit das Vertrauen in dich auf, dass deine Charaktere wirklich alle sterben können und dementsprechend wird jede Nahtoderfahrung viel intensiver erlebt. Entscheidest du dich in einer Wendung oder auch einem Cliffhanger dann dafür, dass diese Regel nicht mehr gilt, indem du einen totgeglaubten Charakter zurückbringst, dann verlierst du das Vertrauen deines Publikums.
Bei diesem Vertrauen geht es nicht etwa um das Vertrauen in deine technischen oder künstlerischen Fähigkeiten, sondern um deinen Umgang mit den Gefühlen des Publikums. Du hast ihnen über viele Seiten und Stunden klar gemacht, wie du mit den Charakteren umgehst und das Publikum hat entsprechend eine engere emotionale Verbindung zu den Figuren aufgebaut. Wenn du nun die Regeln änderst und anders mit den Charakteren umgehst, dann greifst du diese Verbindung an – du greifst direkt die emotionalen Empfindungen des Publikums an. Die Reaktion wird Enttäuschung und im schlimmsten Fall Frustration sein.
Klingt alles sehr nach Worst-Case-Szenario und ja, in den meisten Geschichten, die ich mitbekomme, gibt es keine rein schlechten Wendungen. Ich will nur unterstreichen, dass du dir besser genug Gedanken über die Konsequenzen machst, bevor du eine Wendung einbaust.
Genug von den Warnungen und Bedenken: Du solltest unbedingt mit Wendungen arbeiten, denn du glaubst gar nicht, wie gebannt ein Publikum sein kann, wenn du es mit einer guten Wendung zum richtigen Zeitpunkt überraschst.
Der gesellschaftliche Faktor bei Serials
Ich habe es auch schon erlebt, dass die gesamte Taverne von ein und derselben Geschichte geschwärmt hat. Serien oder Serials, die das schaffen, haben normalerweise ein oder zwei Punkte, die sie gegenüber all den anderen Geschichten hervorheben.
Ich will gar nicht erst anfangen, wie meine Taverne zu Zeiten der letzten Harry Potter Bücher das Top-Thema an jedem Tisch waren.
Ich finde, es ist die Aufgabe jedes Autors und jeder Autorin, gewisse Themen und übergeordnete Botschaften in den eigenen Werken einzubauen. Du weisst also, was du zu tun hast.
Natürlich müssen diese Themen und Botschaften nicht dominant auf jeder Seite zu finden sein, aber sie sind es am Ende, die eine Diskussion auf gesellschaftlicher Ebene auslösen können.
Wurde Harry Potter wegen seiner Themen und Botschaften so ein Erfolg? Nein, nicht nur. Bei Harry Potter spielen viele Faktoren eine Rolle und auch die meisten Diskussionen haben sich anfänglich oberflächlich abgespielt. Mit der Zeit werden die Diskussionen aber tiefgründiger.
Ob oberflächlich oder nicht, die gesteigerte Aufmerksamkeit, wenn plötzlich eine ganze Gesellschaft dein Werk diskutiert, kannst du gerne als Erfolg verbuchen.
Aber Achtung: Grosse Aufmerksamkeit bringt auch immer Risiken mit sich.
Serien geben uns ein Gemeinschaftserlebnis und Zugehörigkeit
Zu Zeiten von Game of Thrones hatte ich regelmässig anfragen, die gesamte Taverne in ein Public Viewing zu verwandeln. Es war ein richtiges Gemeinschaftserlebnis, die neueste Folge zusammen zu schauen.
Dieses Gemeinschaftserlebnis funktioniert nur bei ausgewählten Formaten – ich weiss nicht, wie man ein Buch gleichzeitig lesen will bei unterschiedlichen Lesegeschwindigkeiten und Trinkpausen…
Jedenfalls bleibt immer der Fakt, dass das Publikum sich austauschen kann. Wir als Gemeinschaft diskutieren. Diesen Punkt habe ich schon vorher aufgegriffen und werde deshalb auch nicht zu lange hier verweilen.
Was ich hier sagen will, ist, dass uns Serials und Serien eine Zugehörigkeit geben. Ich bin ein grosser Fan dieser “Herr der Ringe”-Geschichte und habe entsprechende Freunde gefunden, die diese Leidenschaft teilen.
Das Teilen einer Leidenschaft treibt uns alle an und deshalb macht es Serien und Serials so erfolgreich – wir leben durch sie unsere Leidenschaft aus.
Fazit
Jetzt habe ich wieder Mal viel zu viel geredet, entschuldige bitte.
Bei Serien und Serials werden du, ich, wir alle auf so vielen Ebenen berührt und angesprochen, dass in uns Emotionen ausgelöst werden. Genau diese Emotionen binden uns die Werke und machen sie erfolgreich, denn sind wir erst einmal Fan von etwas, dann teilen wir das gerne mit der Welt und wer weiss, vielleicht überzeugen wir die eine oder andere Person von unserer Leidenschaft.
Ich hoffe, meine Ausführung war schlüssig für dich und hat dir ein wenig gezeigt, wieso Serials und Serien so erfolgreich sind. Persönlich bevorzuge ich sie sogar in meiner Taverne, aber das ist nur meine Meinung.